Kreuz im Klassenzimmer

Art. 7 Abs. 4 BayEUG hält fest: „1Angesichts der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns wird in jedem Klassenzimmer ein Kreuz angebracht. 2Damit kommt der Wille zum Ausdruck, die obersten Bildungsziele der Verfassung auf der Grundlage christlicher und abendländischer Werte unter Wahrung der Glaubensfreiheit zu verwirklichen. 3Wird der Anbringung des Kreuzes aus ernsthaften und einsehbaren Gründen des Glaubens oder der Weltanschauung durch die Erziehungsberechtigten widersprochen, versucht die Schulleiterin bzw. der Schulleiter eine gütliche Einigung. 4Gelingt eine Einigung nicht, hat er nach Unterrichtung des Schulamtes für den Einzelfall eine Regelung zu treffen, welche die Glaubensfreiheit des Widersprechenden achtet und die religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen aller in der Klasse Betroffenen zu einem gerechten Ausgleich bringt; dabei ist auch der Wille der Mehrheit soweit möglich zu berücksichtigen.“

Aus dem Gesetzestext ergeben sich folgende Konsequenzen:

  • Da Eltern die elterliche Sorge, die auch die Vertretung des Kindes umfasst, grundsätzlich gemeinschaftlich ausüben, kann der Widerspruch nicht von einem Elternteil allein und ohne Übertragung der Entscheidungsbefugnis durch das Vormundschaftsgericht auf ein Elternteil erhoben werden (BayVGH Beschluss vom 5.12.1995, Az. 7-CE 95.3717).
  • Die Gründe, die gegen die Anbringung eines Kreuzes vorgebracht werden, müssen ernsthafte und einsehbare Gründe des Glaubens oder der Weltanschauung sein. Bloße emotionale Meinungsäußerungen oder beliebige, mutwillige oder misbräuchliche Gründe können nicht genügen, sondern nur solche, die in einem rechtfertigenden Zusammenhang mit dem Ziel des Widerspruchs stehen. Das können der Natur der Sache nach nur Gründe des Glaubens oder der Weltanschauung sein.
    Die Berufung auf die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft oder Weltanschauung wird grundsätzlich nicht genügen. In der Regel wird der Widersprechende angeben müssen, in wie weit sich für ihn durch den Anblick eines Kreuzes ein ernsthafter und unausweichlicher Glaubens- oder Weltanschauungskonflikt ergibt.
  • Der Versuch, eine gütliche Einigung zu erzielen, wird sich in der Regel insbesondere an Fragen der Gestaltung oder Lokalisierung des Kreuzes oder der Sitzordnung der Klasse orientieren.
  • Dass bei der Entscheidung der Schulleitung nach Satz 4 der Wille der Mehrheit, soweit dies möglich ist, zu berücksichtigen ist, besagt nicht, dass die positive Glaubensfreiheit der Mehrheit ein automatisches Übergewicht hat. Diese muss vielmehr nur angemessen in die Abwägung mit einbezogen werden. Es muss eine Regelung geschaffen werden, die eine unzumutbare innere Belastung des Widersprechenden vermeidet.


Art. 7 Abs. 4 BayEUG bezieht sich explizit nur auf die Situation an Grundschulen. Dennoch ist nach Ansicht des Kommentars aus der Sammlung „Das Schulrecht in Bayern“, hg. von Josef Franz Lindner und Helmut Stahl, zu Art. 46 BayEUG auch an Schulen anderer Schularten die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Ausstattung von Unterrichtsräumen mit Kreuzen zu bejahen, wenn die in Art. 7 Abs. 4 BayEUG genannten Grundsätze bejaht werden.

Anmerkung:
In Klassenzimmern, in denen ständig nur Schülerinnen und Schüler unterrichtet werden, die einer anderen als der christlichen Religion angehören, sollte aus Toleranzgründen auf die Aufhängung eines Kreuzes verzichtet werden.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wendet Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 analog auf das (dienstrechtliche) Problem an, ob eine Lehrkraft die Entfernung eines Kreuzes aus den Klassenräumen verlangen kann, in denen sie unterrichtet.

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